Machen bedeutet vorausdenken, testen, nachjustieren und dabei mutig zu bleiben. Dann kann auch eine nachhaltige Logistik-Strategie erfolgreich sein.
nuevo green logistics GmbH macht Logistik nachhaltig

Logistik CO2-neutral gedacht – und gemacht

Kann man Lagerlogistik und Transport wirklich komplett CO2-neutral abwickeln und dabei wettbewerbsfähig sein? Kann man. nuevo green logistics GmbH, ein junges Familienunternehmen aus Beesten, behauptet sich erfolgreich mit einer grünen Strategie am Markt.

Zu Beginn muss die Erwartung allerdings einen Knick aushalten: Ursprünglich ist nuevo gar nicht aus einem Nachhaltigkeits-Gedanken heraus entstanden, sondern aus einer pragmatischen Frage, die sich Jannik Meese, sein Vater Wilhelm und die Familie Meese 2016 gestellt haben: Wie rentabel ist allein der Transport für die Zukunft? Daraus entstand nach und nach ein innovatives Konzept, das der Markt so noch nicht kannte.

Eine Idee immer wieder weiterentwickeln

Dass man aus einer Idee heraus etwas Großes aufbauen kann, der Gedanke und auch der Mut, es anzugehen, sind im Emsland nicht neu. Wilhelm Meese machte sich, ganz im Sinne dieser Mentalität, 1999 mit einem einzelnen gebrauchten LKW als klassischer Transportunternehmer selbständig, wurde befrachtet und verkehrte von Beesten aus vor allem nach Frankreich. Keine zehn Jahre später richtete Meese eine eigene Halle im Gewerbegebiet ein, um aus dem Transportunternehmen eine Spedition zu machen. meese cargo sammelte fortan selbst Teilpartien in der Region ein, organisierte sie auf einem eigenen Umschlagplatz nach Sendungen und Zielregionen und transportierte weiter – inzwischen europaweit und mit Partnern. “Dieser erste Wandel geschah ein bisschen auch aus dem Trotz, zu sagen, das können wir besser”, erklärt Jannik Meese die Motivation des Vaters.

Vom Diesel-Transport zum CO2-neutralen Logistikunternehmen

Weil in der Branche ein hoher Kostendruck herrscht, war der Gedanke an Nachhaltigkeit anfangs vor allem wirtschaftlicher Natur: Eine Zeit lang gab es in der Aerodynamik und der Motorentechnologie enorme Fortschritte. Das hatte wiederum Vorteile beim Kraftstoffverbrauch und bei den Maut-Sätzen, die niedriger waren. “Wenn man vorne mit dabei ist, kann man den Fahrern außerdem immer ein neuwertiges, hochwertiges, modernes Fahrzeug bieten, was Vorteile für die Fahrergewinnung hat", ergänzt Jannik Meese. Doch die Zeiten der großen Verbrauchseinsparungen sind vorbei, das Maximum quasi erreicht, die Elektromobilität ist der nächste Schritt – ein Schritt den die Familie Meese 2016 nicht nur als Schritt, sondern als Weg weiter gedacht hat. "Wir wollten uns breiter aufstellen und – Stichwort Value Added Services – weitere Logistikdienstleistungen anbieten, wie die Lagerung, Kommissionierung, Umpacken, Wickeln und Stretchen, Containerverladung, Kühllagerung”, erzählt Jannik Meese, der seinen Wirtschaftsingenieur und später auch den Master bei KRONE machte.

Eine feste Branche hatten er und seine Familie anfangs noch nicht im Blick. Fest stand jedoch, die Ausrichtung folgt langfristigen globalen Megatrends: wachsende Weltbevölkerung, veränderte Essgewohnheiten, Mobilitätsdrang. “Die steigende Weltbevölkerung möchte ernährt werden und Anbauregionen lassen sich nicht so einfach verändern. Wo Milch produziert wird, lässt sich nicht mal eben switchen.” Die Lebensmittelbranche kristallisierte sich heraus, was nicht zuletzt auch am Netzwerk vor Ort lag.

Standortvorteil Emsland

Dass der Einstieg in die Lebensmittellagerung nur mit Anker-Kunden zu wagen ist, war den Meeses bewusst. Dass das DMK Deutsche Milchkontor mit DP Supply in Beesten just zur selben Zeit nach einer standortnahen Alternative für die Lagerung suchte, war ein sehr glücklicher Zufall. “Man kennt die Leute hier vor Ort und spricht noch miteinander, die Zusammenarbeit in der Wirtschaft ist sehr vernetzt und man bekommt viel mit. So etwas entsteht dabei aber äußerst selten – da hatten wir einfach ein riesiges Glück.”

Ein Drittel der Waren, die gelagert werden, sind Rohwaren und mittlerweile gibt es auch eine Kühllagerung im Frischebereich. nuevo ist dabei nach internationalem Standard für Lebensmittelsicherheit in der Logistik IFS-zertifiziert, was beispielsweise auch die Reinigung und Schädlingsbekämpfung betrifft. “Wir ziehen aber auch selbst Proben unter sterilen Bedingungen. Das geht weit über das hinaus, was der normale Warenlogistiker macht”, weiß Jannik Meese. Diese Spezialisierung, der Service und die Zuverlässigkeit machen nuevo auch für andere Kunden attraktiv. Für 2025 strebt das Unternehmen eine Bio-Zertifizierung (EU-Bio-Siegel) an, weil auch Verpackungsmaterialien und Co. nachhaltig sind.

Hohe Investitionen, neue Wege und der richtige Riecher

Die Einstiegshürden in den Lebensmittelbereich sind hoch. 2017 investierte das Unternehmen: “Wir mussten erst einmal Lagerkapazitäten schaffen und wollten nicht anmieten oder am Markt einkaufen, denn das geht am Ende immer zu Lasten der Zuverlässigkeit.” Ein No-Go für einen deutschen Logistiker, vor allem in einem Bereich, in dem es um besondere Sorgfalt und Zuverlässigkeit geht. Also nahmen sie gut 2 Millionen Euro in die Hand und schufen 3.500 Paletten-Stellplätze in einer eigenen Halle auf eigenem Grundstück. Heute sind es bereits 15.000 Stellplätze und 2025 werden noch 8.000 hinzu kommen.

Von Anfang an war die Planung der Lagerhallen aber auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: Es sind Passivhallen, die ohne fossile Energie für Heizung oder Kühlung betrieben werden. Der Strom für Licht, Flurförderfahrzeuge und Kühlung kommt zu 40 Prozent aus der eigenen PV-Anlage oder wird als Ökostrom bezogen. “Wir sind daher tatsächlich schon jetzt CO2-neutral in der Bewirtschaftung”, erklärt Jannik Meese. Geplant sind aber noch weitaus mehr PV-Flächen, die nach und nach umgesetzt werden.

Ein wachsender Wettbewerbsvorteil dank CO2-Neutralität

Früher hätte keiner gedacht, dass Menschen bereit sind, bei Telefonen auf Tasten zu verzichten – keine Marktanalyse der Welt hätte das im Vorfeld ergeben. Ähnlich ist es mit der CO2-neutralen Logistik, findet Jannik Meese. Bis 2022 war nuevo noch Teil von meese cargo, wurde aber im Verdacht ausgegliedert, dass es ein Wettbewerbsvorteil sein könnte, in den CO2-Bilanzen neutral zu sein. “Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil ließ sich damals nur schwer bepreisen”, sagt Jannik Meese. “Alle sagten, das ist zu teuer, das ist nicht wettbewerbsfähig. Aber es hatte auch noch keiner versucht, es dem Kunden anzubieten und zu ermöglichen.”

Dass er mit seiner Ahnung richtig lag, zeigt sich heute an den Kunden, die den CO2-Fußabdruck in ihre Produkte kalkulieren: Ganz frisch steht seit Oktober 2024 ein Vertrag mit der Apetito AG in Rheine, der für 2025 eine komplett CO2-neutrale Abwicklung fordert. Gelagert werden die Rohwaren für das Unternehmen – Tomatenmark, Gewürze, Kartoffeln u.v.m. – und von 6-23 Uhr per Shuttleverkehr zum Werk geliefert. Dafür werden bei nuevo zusätzlich zwei neue E-LKW angeschafft. “Bei der Lagerung sind wir schon komplett wettbewerbsfähig. Der Transport ist durch die höheren Fahrzeugpreise für uns anfangs teurer. Aber man darf von einer längeren Nutzungsdauer ausgehen als beim Dieselmotor”, kalkuliert Jannik Meese.

Erfolge werden geteilt

Den Erfolg, den das Unternehmen in Beesten hat, teilt es gern mit der Region. "Nachhaltigkeit bedeutet ja auch, die Region als Ganze attraktiv zu halten", weiß Jannik Meese. "Lebensqualität geht über die Arbeit hinaus - wir brauchen die Gemeinschaft auf vielen Ebenen." Entsprechend sponsert das Unternehmen regelmäßig Vereine und Institutionen, sei es durch eine neue Soudanlage für die Grundschule in Lünne oder einen Satz neuer Trikots für Sportvereine.

Mut, Risikobereitschaft und Digitalisierung als Zukunftsschlüssel

Den Mut und die Risikobereitschaft sieht Jannik Meese als die Stärke der Region – auf vielen Ebenen. “Der Glasfaserausbau war zum Beispiel goldrichtig, da muss man dem Landkreis auch Respekt zollen. Es ist ein wichtiges Signal, dass hier keiner abgehängt ist. Sonst wäre ein Vertrag wie mit Apetito gar nicht möglich für uns gewesen.” 

Bei nuevo setzt er auf die Digitalisierung vieler Arbeitsprozesse. “Wir arbeiten ausschließlich über Schnittstellen, wenn Waren reinkommen oder rausgehen. Oder über generierte pdf, wenn es um die Abrechnung geht. Der Papierkram sorgt auf beiden Seiten für unnötige Kosten und wo wir können, verzichten wir auf Papier”, erklärt er. Dadurch lassen sich auch digitale Arbeitsweisen umsetzen, wie Homeoffice. Über 80 Personen arbeiten derzeit im Team. “Allerdings haben wir auch festgestellt, dass Teams nicht das Gespräch am Kaffeeautomaten ersetzt.”

Und die Pläne für die Zukunft? “Es ist immer etwas hakelig, wenn man etwas Neues probiert. Man muss eine gewisse Fehlertoleranz haben und nachbessern – es geht ja nicht gleich um Leben und Tod”, schmunzelt Jannik Meese. Das Thema Tiefkühllagerung und -transport soll zukünftig ausgebaut werden. Da ist noch viel in der Pipeline, Stillstand ist nicht in Sicht, denn die Macher-Mentalität der Emsländer beruht auf der Fähigkeit vorauszudenken und Ideen immer wieder weiterzuentwickeln.